Erfahrungsbericht

24.März 2008

Über Monas Verlauf konnte man ja nun schon ein halbes Jahr lang wenn auch in etwas humoristischer
Form aus der Sicht des Hundes in ihrem Tagebuch lesen.Da ich aber inzwischen einige durchaus nett
gemeinte bis teilweise belehrende und auch gar nicht so freundliche mails bekommen habe,ob ich dem
Hund nicht endlich mal professionelle Hilfe zukommen lassen möchte,habe ich mich entschlossen,ab
sofort und in unregelmässigen Abständen hier zusätzlich noch ganz seriös und verständlich darzustellen,
was alles unternommen wurde,mit Erfolgen und Misserfolgen.Denn es klingt teilweise zwar alles locker
und lustig,was so im Tagebuch steht,aber es steckt schon eine Menge Arbeit mit dem Hund dahinter.

Und ich stosse selbst auch immer wieder auf Fehler,die ich gemacht habe,aus Unwissenheit,aus Liebe
zum Tier und Mitleid mit der Vorgeschichte,was man so nicht hätte haben sollen. Aber ich arbeite dran.
Ich wusste aus den Vorkontakten mit den spanischen Tierschützern,dass Mona im Welpenalter schwer
misshandelt wurde,jegliches Vertrauen in Menschen verloren hatte und selbst bei Berührungen panisch
reagierte und sofort unter sich machte.Es war auch so,wie man es beschrieben hatte,selbst das Anlegen
einer Leine,was man ja zum raus gehen musste,war eine Tortour für den Hund,aber freiwillig hätte sie
ihren Liegeplatz und somit die Wohnung nie verlassen. Der Kontakt mit einem anderen sehr selbst
bewussten jungen Hund half ihr über die ersten schwierigen Tage. Ich liess ihr Zeit,akzeptierte ihre
Zurückgezogenheit und drängte ihr keine körperliche Nähe auf. Sie frass von Anfang an gut,hatte aber
vom Körpergewicht her auch nachzuholen. Ich habe mich sehr viel belesen und stiess in Selbsthilfeforen
immer wieder auf Bachblüten.Wir begannen mit den sogenannten Rescue-Tropfen und nach 3 Tagen war
es wie beim Einsturz einer Mauer,sie wurde entspannter und begann sich mir zuzuwenden,sie begann
sich Streicheleinheiten regelrecht einzufordern.

An dieser Stelle setzte mein erster grosser Fehler ein,ich war so froh über dieses plötzliche
Vertrauen zu mir,dass ich ihr Bedürfnis nach übergrosser Nähe nicht nur zuliess,sondern vielleicht
sogar noch unterstütze. Sie klebte plötzlich an mir wie eine Klette,folgte mir überall hin,sogar ins
Bad oder auf die Toilette.Die Rache folgte auf dem Fuss,sie wollte nicht mehr allein bleiben,wenn
ich aus dem Haus musste,sie rannte in meiner Abwesenheit stundenlang aufgeregt und hechelnd in der
Wohnung auf und ab,stand immer wieder Ausschau haltend an der Balkontür,heulte dabei wie ein Wolf
und verzierte die ganze Wohnung mit so viel Kot und Urin,dass man denken konnte,da waren 3 Hunde
am Werk.Man sah förmlich,dass der Hund litt. Leider litten aber auch die Nachbarn. In meiner ersten
Not und zur schnellen Hilfe konnte ich sie erst mal mit auf Arbeit nehmen. Trotzdem war das ja
nicht die Dauerlösung,Alleinsein sollte sie lernen und zwar stressfreies Alleinsein. Ich beriet
mich mit meiner Tierärztin und bekam eine speziell zusammengestellte Bachblütenmischung und einen
Pheromonverdampfer für die Steckdose. Ausserdem hatte ich 3 arbeitsfreie Wochen und trainierte !
Von 5 Minuten allein lassen angefangen,zurück und loben und gesteigert in der Zeit,es klappte gut !
Mit Überwachung per Babyphon kontrollierte eine nette Nachbarin den Erfolg,was blieb,war ihre
permanente Unruhe. Und dann kam ihre erste Läufigkeit und plötzlich war alles dahin,das Heulen
setzte wieder ein mit einer massiven Beschwerde eines Nachbarn und einem bösen Brief meines
Vermieters ,ich sollte eine ganz schnelle Lösung schaffen,trotzdem ich erklärt hatte,dass ich
dran arbeite und um etwas Zeit gebeten hatte,aber ohne jegliches Verständnis zu bekommen. Auf
Arbeit konnte sie momentan nicht mit,da ich einen neuen Arbeitsplatz hatte,also kaufte ich in
meiner Not und Verzweiflung solch ein Drucklufthalsband--sinnlose Geldausgabe kann ich da nur
jedem sagen,es wirkte zwar 2 Wochen,danach war diese Art von Bestrafung (was anderes ist es ja
nicht ) meinem Hund egal.Um die Wartezeit auf den ersten Termin bei dem ziemlich ausgebuchten
Verhaltenstherapeuten,dessen Adresse mir meine Tierärztin vermittelt hatte,zu überbrücken,habe
ich mir eine Tagesbetreung für Mona gesucht,wo sie die Zeit verbringen darf,wenn ich arbeiten
gehe.Offensichtlich fühlt sie sich dort sehr wohl,wir haben auch regelrechte Castings gemacht,
ehe sowohl Mona als auch ich zufrieden waren und ein gutes Gefühl dabei hatten. Ein Dank an Ilona!

Über die Verhaltenstherapie,Methoden,Erfolge und bestimmt auch meine Umerziehung werde ich hier
in der Folgezeit berichten,in der Hoffnung,dass andere aus diesen Erfahrungen lernen können und
am Ende hier das Fazit über einen Hund zu lesen sein wird,der viel von seiner Angst verloren hat
und auch mal problemlos allein gelassen werden kann. Ich gebe die Hoffnung nicht auf,auch wenn
Mona momentan mehr mein Leben bestimmt und meine Freizeit fordert,als ich es je gedacht hätte !

11.April 2008

Bis jetzt machen wir nur Therapie auf telefonische Anweisungen und mit Buchempfehlungen,
ich wusste gar nicht,dass Verhaltenstherapeuten so ausgebucht sein können,hoffe,es ist dann
auch ein guter,meine Tierärztin hat ihn zumindest empfohlen.
Wir versuchen jetzt allein erst mal eingefahrene Muster umzukrempeln,ich lasse nicht mehr zu,
dass sie mir ständig überall hin folgt,muss auch mal draussen bleiben,wenn ich in der Küche
werkel und siehe da,es klappt,sie lässt sich raus schicken,ohne dass ich danach gleich eine
Protestpfütze im Wohnzimmer habe. Ich trainiere um,dass mein Weggehen aufregend ist. Zieh
Schuhe an,Jacke an und nehm den Schlüssel,mein Hund springt auf und rennt schon aufgeregt zwischen
mir und Tür auf und ab und ich setz mich einfach auf die Couch,das mach ich mehrmals hintereinander,
am ersten Tag wurde es ihr erst nach dem 15. Mal zu blöd,dass sie einfach liegen geblieben ist und
ich sogar problemlos zur Tür raus konnte. Leider muss ich das jeden Tag wiederholen,sie ist schon
hartnäckig,jetzt wirds aber schon nach 3-4 Versuchen langweilig für sie,ich hoffe,irgendwann gehts
völlig problemlos. Sie geht aber noch immer täglich in Tagesbetreuung oder fährt mit mir auf Arbeit,
den Stress mit Nachbarn und Vermietern kann ich momentan nicht brauchen,mein Nervenkostüm ist
etwas angekratzt.Wir nehmen uns Zeit ! Eine Veränderung seh ich deutlich bereits darin,dass
sie jetzt oft stundenlang in einem anderen Zimmer schläft,ohne Blickkontakt zu mir und auch nicht
mehr ständig kontrollieren kommt,ob ich noch da bin,sie geht entspannt an der Leine und
verfällt nicht mehr so in Panik,wenn wir fremde Menschen treffen.

Als wir Ende März zu einem grossen Familientreffen in für sie fremder Umgebung waren,klebte sie
zwar an mir,wie ein Klette,sie war aber sogar mit in der Gaststätte und lag artig unterm Tisch.
Das vom Wirt spendierte Futter hat sie allerdings nicht angerührt,obwohl sie sonst total verfressen ist.

Wir bleiben am Ball !

02.August 2008

Es ist alles nicht so einfach,wie ich mir das gewünscht hätte,den Termin beim Psychologen musste
ich ganz einfach aus finanziellen Gründen erst mal absagen,es ist halt nicht immer leicht,wenn man
plötzlich allein verdient. Trotzdem macht Mona Fortschritte, Sie ist selbstbewusster geworden und
lange nicht mehr so ängstlich,manchmal schon zu selbstbewusst,wenn sie Leute hinterm Zaun verbellt.
Hätte sie anfangs nie gwagt !! Jetzt muss man schon aufpassen,dass man ihr Grenzen setzt,denn die
Schwelle ist schnell überschritten,dass man noch immer aus Mitleid vergisst,dass ein Hund Gehorsam
kennen muss. Sie hört recht gut,nicht immer aufs erste Wort,vor allem wenn sie im Spiel abgelenkt
ist! Sie geht auch nur aus dem Grundstück,wenn ich mit komme,also Freunde,die sie mit anderen Hunden
mit zum Spielen nehmen wollen,ohne mich nur ne Chance mit Leine.
Aber es ist okey,so kommt sie mir wenigstens nicht abhanden.

Ich habe sie jetzt mehrmals für 30 bis 60 Minuten in der Wohnung allein gelassen,wenn ich zurück
komme, liegt sie noch immer entspannt auf ihrem Platz. Das ist ein riesiger Fortschritt,denn
sonst stand sie immer erregt hechelnd aufrecht an der Balkontür und hielt Ausschau!

Mit Geduld kommen wir weiter !